452
Die deutsche
Literatur von
Gottsched bis
Klopstock.
Ordens- Grcide hatte, fand bald nicht bloß in Deutschland, sondern
auch in den Niederlanden, in Skandinavien und sogar in Spanien An-
hänger. Es erklärt sich dieses aus der mystischen Schwärmerei, welche
damals Mode war, und aus der Schwäche und Eitelkeit der Menschen,
welche Schwärmereien und Betrügereien Eingang verschafft. Ursprüng-
lich war die Absicht der Jlluminaten gut, und es gab unter ihnen viele
ehrenwerthe und selbst hochstehende Männer; indem aber die Verbindung
sich mit einem Schleier vorgeblicher Geheimnisse umgab, verirrte sie sich
zum Mystischen und Ueberspannten. Als die Jesuiten Kenntniß von
dem Dasein und den Zwecken des Bundes erhalten hatten, began-
nen sie einen erbitterten Kampf gegeir denselben. Sie klagten die Jllu-
minaten der Irreligiosität, Staatsverrätherei, Giftmischerei und anderer
Verbrechen an. Als das Mißtrauen der Regierungen erweckt war, be-
gann 1784 zuerst in Baiern eine gewaltthätige Verfolgung der Gesell-
schast. In den folgenden Jahren wurden dann nicht bloß in Baiern,
sondern auch in anderen Gegenden Deutschlands alle freisinnigen Män-
ner als Jlluminaten verfolgt, um sie zu verderben oder wenigstens un-
schädlich zu machen.
Mit dep mystischen Schwärmerei, welche in der Mitte der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts herrschte, hingen zusammen die
Geisterseherei eines Jung-Stilling, die Schwärmerei eines Lavater,
welcher ein System der Physiognomik ausstellte und den Glauben an
unmittelbare Eingebungen Gottes und wunderbare Phänomene verbrei-
tete, die Wunder-Heilkunde des Pater Gaßner, welcher in Schwa-
den und Baiern sein Wesen trieb, das Aufsehen, welches Mesmer
durch Die Wunderkuren seines mystischen Magnetismus hervorrief. Schon
früher hatte der dresdner Kaffeewirth Schröpfer durch seine vorgeb-
liche Verbindung mit der Geisterwelt die angesehensten Leute zu betrügen
verstanden. Ein Graf von St. Germain gab vor, daß erden Stein
der Weisen gefunden habe, das Lebens-Elixir besitze, 300 Jahre alt sei
und echte Edelsteine verfertigen könne. Der Sicilianer Balsamo trieb
sich als Graf Cagliostro in den höchsten Kreisen Deutschlands und
Frankreichs umher und wußte durch seine Wunder-Kuren, sein Gold-
machen, sein Geister.citiren, seine Phantasmagorieen, seine Lehre von
einem alt-ägyptischen Orden, dessen Groß-Kophtha oder Großmeister er
sei, die Menschen zu betrügen. Der schwedische Geisterseher Sweden-
borg erwarb sich viele Anhänger; er behauptete, daß ec in unmittelba-
rem Verkehr mit Gott, mit Engeln und mit den Seelen verstorbener
Menschen stehe und auf solche Weise Offenbarungen erhalte. Das Volk
findet stets an dem Wunderbaren Geschmack, und deshalb konnte es
nicht fehlen, daß die neuen mystischen Lehren viele Gläubigen und An-
hänger erhielten.
In der deutschen Dichtung behauptete die von Hoffmannswaldau
und Lohenstein ausgebildete bombastische und schwülstige Darstellung
lange ein großes Ansehen. Erst allmälig kehrte man wieder zur Ein-
fachheit und Nüchternheit oder zunächst vielmehr zur Wässrigkeit
und Plattheit zurück. Es handelte sich darum, der Poesie einen In-
halt und zugleich auch Muster und Regeln zu geben. Durch die
handwerksmäßige Nachahmung der lateinischen Dichtungen in Phrasen-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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*
56
die heidnischen Preußen es thaten, in die Krone heiliger Bäume und
verhüllte sie mit Tüchern, später, als die Tempel entstanden, brachte
man sie in dieselben. Die ersten dieser Bilder waren aus Holz roh
geschnitzt, später machte man Bilder aus Stein und endlich selbst aus
Metall. Wie die heiligen Symbole, so trug man bei den Festen
der Götter auch ihre Bilder umher, besonders durch die Felder,
denn man glaubte, daß die Nähe des Gottes der Saat Gedeihen
bringe. Feierlicher als dies Umtragen war die festliche Umfahrt der
Gottheit in dem Wagen, den man zu diesem Gebrauch in den hei-
ligen Hainen bewahrte. Zu den Götterbildern sind auch jene be-
rühmten Jrmensäulen zu zählen, deren eine Karl der Große
unweit Heresburg in Westphalen zerstörte. Es war eine riesige
Säule, die ein Götterbild trug, wahrscheinlich das des Donar.
Priester und Der Priester hieß ewart, ewarto d. h. der Psteger und Hü-
Pnestermnen. der Wart des Gesetzes, denn ewa, ea ist Gesetz. Dies
Gesetz ist das göttliche wie das menschliche, denn beide waren
einst eng verbunden und gleich heilig. Bei den Gothen hieß der
Priester gudja d. i. der Gott dienende, fromme Mann. Bei den
Burgundern wurde er sinisto d. i. Presbyter, der Aeltere, Ange-
sehene genannt. Die deutschen Priester waren bei Gottesdienst und
Volksgericht thätig. In den Heerzügen sah das Alterthum eine
durch die Gegenwart der Gottheit geheiligte, den Göttern ange-
nehme Handlung, eine Art von Gottesdienst. Die Priester holten
vor der Schlacht die Symbole und Bilder aus den heiligen Hainen
und trugen sie mit in den Kampf. Wohl leitete der Feldherr die
Schlacht, aber den Priestern gebührte die Zucht, sie allein durften
Strafen über den Feigen verhängen, ihn binden, selbst schlagen,
und sie thaten dies gleichsam auf das Gebot der Götter. Die Prie-
ster hielten den Thing- und Heerfrieden aufrecht, und hatten das
Recht, den der sich dawider verging, am Leibe zu züchtigen, und
zwar an Gottes Statt, nicht aus einer von Menschen übertrage-
nen Befugniß. Von Gott und dessen Bevollmächtigten nahm der
Deutsche das an, was sonst den freien Mann zum Knecht erniedrigt
hätte. So wurde der Ernst der Züchtigung erhöht und doch das
Freiheitsgefühl nicht herabgewürdigt. Als Diener der Gottheit wa-
ren die Priester bei allen öffentlichen Handlungen thätig, welche
zur Ehre der Götter verrichtet wurden. Wie sie die heiligen Haine
hüteten, so begleiteten sie die umziehenden Götter, deren Gegen-
wart nur sie erkannten, sie verrichteten die feierlichen Gebete, töde-
ten die Opferthiere, brachten den Göttern ihren Theil dar und
vertheilten Fleisch von dem Opferthiere unter das Volk. Wahr-
scheinlich lag ihnen auch die Weihung der Könige und Leichen, viel-
leicht auch der Ehen, die Abnahme der Eide und manches andere
ob. Sie verkündeten die Weissagungen aus dem Gewieher öffent-
lich unterhaltener weißer Rosse, aus geworfenen Loosen oder aus
den Eingeweiden der Opferthiere. Alles dieses lag ihnen jedoch nur
ob, insofern es eine öffentliche Handlung im Namen und in An-
wesenheit des ganzen Volkes oder Stammes war. Bei Privat-
opfern bedurfte man des Priesters nicht, sie verrichtete der Haus-
vater. Ungewiß ist, ob ein Zusammenhang der Priester mit den
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Große Karl Ernst
62
Wichte und
Elbe.
mit den Männern; das Geschäft und die Bestimmung der Halb-
göttinnen ist, daß sie den obern Göttern dienen und den Men-
schen deren Willen verkündigen. Das Amt der Halbgöttinnen ist
bedeutsamer und von tieferem Einfluß auf das Leben und Treiben
der Menschen als die Thaten der Helden; ihr Ansehen und ihr
Kultus ist größer als die Verehrung der Heroen. Von jeher wurde
bei den Deutschen die Frau mit Achtung und Ehrfurcht behandelt;
die Deutschen glaubten, daß den Frauen etwas Göttliches und Vor-
ahnendes inwohne, daß Zauber und Weissagung besonders ihre
Gaben seien. Dies galt nun in besonders hohem Grade von den
halbgöttlichen Frauen, welche daher kluge, weise Frauen hie-
ßen. Unter diesen stehen obenan die drei Schicksalsgöttinnen, die
Moiren der Griechen, die Parzen der Römer, unsere Norni:
Wurt, Werdandi und Skuld, das Gewordene, das Werdende,
das Werdensollende, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wurt,
die Vergangenheit, war von Herzen gütig und durch ihr Alter ehr-
würdig ; sie wurde vorzugsweise verehrt und war gleichsam die
Vorsteherin der drei Nornen. Ganz das Gegentheil von ihr war
die jüngste, Skuld; jugendlich rasch naht sie heran und im Nahen
verschwindet sie schon wieder, ihrer zweiten Schwester Platz zu
machen. Ihrer ewigen Beweglichkeit ist die Ruhe der älteren Schwe-
ster verhaßt; was sie im Schilde führt, weiß Niemand.
Die Walküren, die göttlichen Botinnen Allvaters, waren
es, welche den Wal (die Erschlagenen auf dem Schlachtfelde) kü-
ren, kiesen, holen, in Empfang nehmen und die Helden in die
göttliche Wohnung Wuotans tragen. Von diesem Walten in der
Schlacht heißen sie auch Schlachtmädchen, und weil sie gerüstet mit
Schild und Helm ausziehen, Schildjungfrauen, Helmjungfrauen.
Sie sind die Schutzgeister der Helden. Wie die Nornen, so spin-
nen und weben auch die ihnen verwandten Walküren, und zwar
nicht nur die Geschicke der Schlacht, sondern sie spinnen auch am
Seestrande fitzend köstlichen Flachs. Dann ziehen sie Schwanhemden
an. Oft finden die Helden sie auch, wann sie sich in der kühlen
Fluth baden, nehmen das am Ufer liegende Schwangewand und
bringen dadurch die Jungfrauen in ihre Gewalt. Die Seen, an
welchen die Schwanjungfrauen erscheinen, liegen meist in
den tiefen, geheimen Schatten eines Waldes und deshalb heißen
die Jungfrauen auch Waldfrauen, Waldminnen, Meer-
minnen.
Von den Halbgöttern unterscheidet sich eine ganze Reihe von
Wesen hauptsächlich dadurch, daß sie nicht wie jene von den Men-
schen ausgehen, sondern gleichsam ein Reich für sich bilden und nur
durch Zufall oder Drang der Umstände bewogen werden, mit Men-
schen zu verkehren. Sie besitzen die Kraft den Menschen zu schaden
und zu helfen, scheuen sich aber vor ihm, weil sie ihm leiblich nicht
gewachsen sind. Entweder find sie weit unter menschlicher Größe
oder ungestalt. Die weiblichen Wesen erscheinen edler und gleichen
den Göttinnen und weisen Frauen; die männlichen Geister scheiden
sich bestimmter ab von Göttern wie von Helden. Die Namen dieser
Wesen find Wichte, Elbe oder Elben, und es giebt weiße,
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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72
Zauberei und
Weissagung.
Leben, wie auf der Erde, nur daß alles viel schöner und herrlicher
erscheint, alles ist aus Gold gemacht, wenn es gleich den blöden
Augen der Sterblichen nicht darnach aussieht. An der Spitze der
in solchen Bergen wohnenden Helden stehen die alten Fürsten und
Könige wie z. B. Siegfried und Dietrich von Bern und aus spä-
terer, christlicher Zeit Karl der Große, Otto der Große und Fried-
rich Barbarossa. Fast alle, denen es vergönnt war, die alten Kaiser
zu schauen, fanden sie schlafend. Mitunter erwacht der Kaiser und
fragt den Eintretenden, ob die Raben noch um den Berg flögen?
Auf die Bejahung der Frage erwiedert er: So muß ich hundert
Jahre länger schlafen. Auch Sagen von Frauen und Jungfrauen,
die in Berge verwünscht sind, werden fast auf allen deutschen Ber-
gen, die eine Burg tragen, erzählt. Diese verwünschten Frauen
und Jungfrauen sind schneeweiß gekleidet und tragen in der Hand
oder am Gürtel ein Bund Schlüssel, oft auch einen Strauß weißer
oder blauer Blumen. Sie erscheinen am liebsten Schäfern und Hir-
tenknaben, die ihre Heerden in der Nähe der Burgen weiden. Mit
wem sie zusammentreffen, den beschenken sie mit scheinbar werthlosen
Dingen, die sich bei näherem Zusehen in Gold verwandeln. Alle
Verwünschten sehnen sich nach Erlösung. Mit dem in die Berghöhle
entrückten Helden ist meistens ein ungeheurer Hort (Schatz) versenkt,
den Schlangen, Drachen oder abscheuliche Hunde hüten. Eine Blume,
die Springwurzel oder die Wünschelruthe bringt in den Besitz des
Schatzes, sie sprengt die Wände der Berge, sie ist der Schlüssel
zum Schatz.
Aus den heiligsten Geschäften, Gottesdienst und Dichtkunst,
muß der Ursprung der Zauberei hergeleitet werden. Priester und
Dichter, Vertraute der Götter und göttlicher Eingebung theilhaft,
grenzen an Weissager und Zauberer. Neben dem Götterkultus stand
finstere Zauberei. Der Zauber wurde im Alterthum von Männern
wie von Frauen geübt, jedoch vorzugsweise den letzteren zugeschrie-
den. Daher kam es, daß die Hexerei d. i. die alte Zauberkunst
meist von Frauen getrieben wurde. Der Zauberer hat das Vermö-
gen sich unsichtbar zu machen oder in Thiergestalten zu schlüpfen.
Zauberer verwandeln sich in Wölfe, Zauberinnen in Katzen; die letz-
teren nehmen auch Vogelgestalt an, gewöhnlich die der Gans d. i.
des Schwans.
Von jeher hat der Mensch den Schleier zu lüften gesucht, den
Zeit und Raum über seine wichtigsten Angelegenheiten geworfen
haben. Durch Anwendung geheimer Mittel glaubt er Auskunft zu
erlangen. Erlaubte und unerlaubte Weissagungen waren von
jeher ein Geschäft des Priesters und des Zauberers. Die priesterliche,
heilige Weissagung scheint, wie der Priesterstand selbst, in gewissen
Geschlechtern fortgeerbt worden zu sein. Auch konnte jemand die
Gabe der Weissagung dadurch erlangen, daß er dem, welcher sie
besaß, auf den rechten Fuß trat und über die linke Schulter schaute.
Auch die Glückskinder, die mit der Glückshaube, mit einer Haut
um den Kopf, geboren waren, sahen Geister. Zur Erforschung des
Geschehenen dienten in den Gerichtsverhandlungen die Gottesurtheile,
bei denen der Angeschuldigte selbst den Ritus vornehmen mußte.
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Extrahierte Personennamen: Siegfried Siegfried Karl_der_Große Karl Otto Barbarossa Barbarossa
51
Die Genossenschaft der durch Grundbesitz vollberechtigten Freien
bildete die Gemeinde, welche nach der Schilderung des Tacitus alle
politische Gewalt besaß. Es gab edle Geschlechter, sie hatten
aber kein höheres, sondern nur das gleiche Recht wie die Freien.
Neben den Freien standen die Freigelassenen. Ihr Wehrgeld
ist das halbe eines Freien, sie sind nicht echten Eigenthums fähig,
konnten nicht in der Volksversammlung und im Gericht erscheinen.
Sie bebauten das Land, das ihnen angewiesen war, sie standen in
dem Schutz ihres Herrn, oder dessen, der des Herrn Stelle vertrat.
Der Stellung der Freigelassenen gleich war die der Leten, Liten
oder Lazzen, wie sie bei verschiedenen Stämmen genannt werden.
Sie bildeten einen besondern Stand zwischen den Knechten und den
Freien. Sie besaßen ihren Grundbesitz nicht als freies Eigen, son-
dern er war mit Abgaben und Diensten belastet. Damit verband
sich der Begriff geringerer Ehre, minderen Rechtes. Es gab end-
lich auch Knechte unter den Deutschen, und auch unter diesen fan-
den Abstufungen statt. Nur die Freien, aber nicht die Knechte und
wahrscheinlich auch nicht die Freigelassenen und Liten hatten Theil
an der Volksgemeinde. Die Freiheit allein gab Rechte. Die Volks-
versammlung bestimmt was Recht sei, indem von ihr das Gesetz
ausgeht und in ihr Anerkennung erhält. Das Recht des Einzel-
nen ist es, an der Versammlung Theil zu nehmen. Diesem Recht
entspricht aber auch die Pflicht, sich dem Willen der Gesammt-
heit, den auf demselben beruhenden Ordnungen zu fügen, das Recht
als solches anzuerkennen. In der Gemeinde aber muß Friede
herrschen. Ohne diesen ist keine Verbindung mehrerer, keine Ge-
meinde möglich. Wie aber hier die wahre Freiheit nichts ist als
Theilnahme an dem Recht, so ist auch der Friede nur der Zustand
des Rechts. Jeder Bruch des Friedens ist also Unrecht, und jede
Verletzung des Rechts ein Friedensbru ch. Die Strafe für den
Friedensbruch war Friedlosigkeit. Wer selbst den Frieden nicht
achtete, ihn durch Gewaltthat störte, wurde desselben verlustig er-
klärt. Und damit wurde er aus der Gemeinde ausgestoßen, selbst
den Schutz seiner Person, seines Lebens hatte er verloren. Zu
Tacitus Zeit hatte sich bereits der Begriff des Unrechts weiter ge-
bildet; man unterschied die Verbrechen, und die Gemeinde erkannte
auf bestimmte Strafen. Verbrechen, die gegen das Volk, gegen
den Staat verübt wurden, die das Wesen der Gemeindeordnung
angriffen, wurden mit dem Tode bestraft. Den Hochverräthern
standen die Ueberläufer gleich. Weil das Recht des Einzelnen in
der Theilnahme an der Genossenschaft bestand, so war das Auf-
geben derselben ein Bruch des Rechtes. Der Ueberläufer sagte
sich los von dem Frieden, der in der Gemeinde herrschte; ursprüng-
lich wäre er friedlos geworden, und dann konnte jeder ihn straflos
töden; nun wurde Todesstrafe gegen ihn erkannt. Er frevelte ge-
gen die Gemeinde, er sündigte auch gegen die heimischen Götter,
deren Heiligthümer er verließ, und vielleicht deshalb wurde er an
einem Baume aufgehängt. Denn also geschah es mit einigen Op-
fern, die den Göttern dargebracht wurden. Andere Verbrechen, die
für die schimpflichsten galten, strafte man auf andere Weise; die
Missethäter wurden mit Erde beschüttet, in den Sumpf versenkt,
4 *
Rechtsver-
hältnisse.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Ili
lichen Auftrag zur Oberleitung der Kirche; und indem die nachhe-
rigen römischen Bischöfe die Erbschaft dieser höchsten Stellung und
Ehre für sich in Anspruch nahmen, gaben sie ihren Forderungen
die Stütze einer Glaubenslehre. Jener Felsen aber bezeichnet Petri
Begeisterung für die Lehre Jesu und die innige Liebe zu ihrem
Stifter; dieser Felsen ist überall, wo ein frommes Herz ist.
Wie das Ansehen der Bischöfe den niederen Geistlichen gegen-
über, so stieg auch das Ansehen des Klerus den Laien gegenüber.
Die letzteren verloren allmälig fast ganz die Theilnahme an den
Wahlen der Bischöfe, Presbyter und Diakonen, so wie an der Ge-
setzgebung und Verwaltung in den Angelegenheiten der Kirche. Die
Kirchenversammlungcn wurden als zur Gesetzgebung in der Chri-
stenheit verordnete und durch wunderbare Wirkung des heiligen Gei-
stes befähigte Versammlungen der geweihten Nachfolger der Apostel
angesehen. Einige Kaiser nahmen den höchsten Geistlichen des Rei-
ches gegenüber eine demüthige Stellung ein. Einzelne ausgezeich-
nete Geistliche waren durch ihre Macht dem Volke und seinen Rech-
ten nützlich, und man vergaß in dem militärisch-despotischen Staat
das Gefährliche der neuen hierarchischen Gewalt, da das Volk nur
durch die Geistlichkeit einen Einfluß auf die Gesetzgebung und die
öffentlichen Angelegenheiten erhielt. Leiber bildete die Geistlichkeit
nur in einzelnen Fällen ein Gegengewicht gegen die weltliche Des-
potie; gewöhnlich war sie mit dieser vereinigt, um jedes freie Stre-
den zu unterdrücken und die herrschende Form in Kirche und Staat
aufrecht zu erhalten.
Mit der Veränderung in den äußeren Verhältnissen der Kirche
erhielt auch der Gottesdienst einen ganz anderen Charakter. Aus
den einfachen Betsälen der ersten Christen wurden prächtige Kirchen,
die nach dem Muster der heidnischen Tempel mit Marmor geschmückt
und mit Bildhauereien verziert waren. Man suchte den Gottes-
dienst durch Glanz und Pracht genußreicher zu machen und ent-
lehnte vielen äußeren Schmuck aus dem Heidenthume. Altäre, Bil-
der, Lichter, Weihrauch, kostbare Gesänge und eine pomphafte Feier
der gottesdienstlichen Handlungen wurde nach und nach eingeführt.
Auch die Einführung gewisser symbolischer Handlungen, wie des
Anhauchens, des Räucherns, des Bezeichnens mit dem Kreuze, ge-
hören dieser Zeit an. Früher war bei den christlichen Versamm-
lungen das Vorlesen der Evangelien und der Schriften der Apostel
Hauptsache gewesen; jetzt schienen die Hörsäle der Sophisten in die
Kirchen verlegt zu sein; man hörte da Vorträge über die Streitig-
keiten der Geistlichen, und die Prediger strebten, wie die Sophi-
sten, nach dem Pomp und Klingklang der Worte. Ja, man klatschte
sogar den Predigern Beifall, und diese hielten, wie zu unserer Zeit
die Schauspieler in den Theatern, eine Schaar gedungener Klat-
scher. Auch wurde das Hersagen gewisser Gebetsformeln oder eine
rein mechanische Andachtsübung üblich.
Zu den früheren Hauptfesten, Ostern, Himmelfahrt Christi
und Pfingsten, kam jetzt noch das Weihnachtsfest, zur Erin-
nerung an die Geburt Christi. Es wurde in der abendländischen
Kirche auf den 25. December festgesetzt, und da um diese Zeit bei
Veränderung
des Gottes-
dienstes.
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste]]
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Extrahierte Personennamen: Apostel Apostel Christi
Veränderung
in der Erzie-
hung und Le-
bensansichk.
Einsiedler,
Klöster, Säu-
Icnt, eilige.
112
den heidnischen Römern die Saturnalien gefeiert wurden (Band I.
S. 499), so wurden die heidnischen Festlichkeiten mit dem Weih-
nachtsfest verbunden. Schon früh hatte man es für verdienstlich ge-
halten, sich durch Fasten zur würdigen Feier der Leidenszeit des
Heilandes vorzubereiten. Jetzt wurde eine bestimmte Fastenzeit von
vierzig Tagen verordnet, in welcher man sich der Fleischspeisen ent-
hielt. Aber auf die vierzig Fastentage folgten vom Palmsonntage
an zwei Wochen, in denen man sich durch Ausgelassenheit und Lust-
barkeiten entschädigte. Schon in den ersten Jahrhunderten waren
Märtyrer und Heilige Gegenstände der Verehrung, aber im
vierten und fünften Jahrhundert begann die Anrufung der Hei-
ligen, der Apostel und der Jungfrau Maria um ihre Für-
bitte bei Gott. Daraus entwickelte sich später eine abgöttische Ber-
ehrung; man setzte an die Stelle der heidnischen Götter Märtyrer
und Heilige und wies diesen wie jenen Elemente, einzelne Länder
und Städte zur besonderen Beschützung an. Auch die Wallfahr-
ten und das Reliquiensammeln findet man schon in dieser Zeit.
Die christliche Religion wurde immer mehr in einen leeren äußeren
Dienst verwandelt; die Predigt der Lehre wich dem Augen- und
Ohrendienst symbolischer Handlungen. Dabei darf man aber nicht
verkennen, daß das Christenthum gerade in dieser Form besonders
geeignet war, sowohl bei den erschlafften und an einen pomphaften
Kultus gewöhnten Griechen und Römern, als auch bei roheren Völ-
kern Eingang zu finden.
Seit Constantin's Uebertritt zum Christenthum wurde christli-
chen Geistlichen von Staatswegen die Aufsicht über die Bildung
übertragen, und das hatte ein ganz verändertes System der Erzie-
hung und des Unterrichtes zur Folge, obgleich die Sophisten von
Athen, Antiochia, Ephesus und anderen Orten der alten Lehre noch
einige Zeit treu blieben. Es wurden nicht mehr die alten Dichter,
Philosophen, Redner und Geschichtschreiber, sondern die Schriften
des alten Testaments in den Schulen gelesen. Die Religion wurde
zu einer Wissenschaft des grübelnden Verstandes gemacht und alle
Kraft des Geistes aufgeboten, um die einfachsten Dinge zu verwir-
ren und durch die Lösung selbstgeschaffener Schwierigkeiten Ansehen
zu erlangen. Das Predigen wurde eine Sophistenkunst, das Be-
suchen der Kirchen und der Streit über Religionslehren eine Art
von geistiger Unterhaltung. Man wurde von dein Gedanken der
Sündhaftigkeit der menschlichen Natur irre geleitet; man suchte de-
müthige und gläubige, nicht thatkräftige und geistig selbständige
Menschen zu bilden. Es verbreitete sich eine ganz neue Ansicht vom
Leben. Im Alterthume waren Vaterlandsliebe, Erfüllung der Bür-
gerpflichten und Anwendung der Kräfte zu einer nützlichen Thätig-
keit als Zweck des Lebens und als höchste Tugenden gepriesen wor-
den; von Constantin's Zeit an galten ein müßiges beschauliches Le-
den, die Entfernung von jeder bürgerlichen Thätigkeit, die Richtung
aller Gedanken auf den Himmel und sogar die Ehelosigkeit als das
höchste Verdienst des Menschen.
Aus derselben Lebensansicht ging bei vielen der Entschluß her-
vor, von der Welt getrennt als Einsiedler zu leben, und daraus
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit]]
115
dreihundert Bischöfe erschienen auf dem Concilium, und der Kaiser-
selbst wohnte demselben bei. Es kam das berühmte nicäische
Symbol oder Glaubensbekenntniß zu Stande, daß der Sohn
Gottes gleichen Wesens mit dem Vater sei. Anus wurde verbannt.
Nach einiger Zeit gelang es aber den Arianern den Kaiser umzu-
stimmen, und nun erfuhr Athanasius, der Nachfolger des Alexan-
der, welcher ebenfalls als heftiger Gegner des Arius auftrat, sei-
nerseits das Schicksal der Verbannung. Der Streit zwischen den
Athanasianern und Arianern wurde auch nach Konstantins
Tode mit Erbitterung fortgeführt.
Die früheren Sekten bestanden fort und es bildeten sich auch
neue. In Spanien, wo im vierten Jahrhundert mauichäische undgno-
stische Lehren Eingang gefunden hatten, stellte Pris cillianus eigen-
thümliche Lehren auf und verlangte z. B. die Trennung aller Ehen.
Priscillianus wurde 385 nebst mehreren seiner Anhänger zu Trier
hingerichtet. Diese Hinrichtung war der erste gerichtliche Ketzermord.
Im Anfange des fünften Jahrhunderts trat der brittische Mönch
Pelagius mit den Behauptungen auf: die Wirkungen der Sünde
Adam's haben sich nicht auf seine Nachkommen erstreckt, der Mensch
ist unverderbt geboren und besitzt die sittliche Kraft, das Gute zu
wählen und zu üben. Dagegen lehrte der berühmte Augustinus,
alle Menscheu befinden sich vermöge der Folgen des Sündenfalles
in dem Zustande verdienter Verdammniß; nur die Gnade Gottes
wirkt bei der Umbildung der verderbten Natur zum Guten, nicht
aber die freie Selbstbestimmung des Menschen; Gottes unerforsch-
licher Rathschluß hat nur eine bestimmte Zahl von Menschen zur
Seligkeit vorherbestimmt (prädestinirt). Augustin's Lehren sieg-
ten in der Kirche, und die des Pelagius wurden als ketzerisch ver-
dammt. Doch rief die Härte der augustinischen Lehre von der un-
bedingten Prädestination zur Seligkeit oder Verdammniß eine
Partei hervor, welche zwischen beiden in der Mitte stand und de-
ren Anhänger S emipe l agi an er genannt wurden.
Die dogmatischen Streitigkeiten der abendländischen Kirche stan-
den mehr im Zusammenhang mit der praktischen und sittlichen Seite
der Religion, während die morgenländische Kirche durch Kämpfe
verwirrt wurde, deren Inhalt ein spitzfindiges Grübeln über uner-
forschliche Geheimnisse war. So wurde z.' B. zwischen dem Pa-
triarchen von Constantinopel, Nestorius, und dem Patriarchen von
Alexandria, Cyrillus, ein heftiger Streit geführt über das Ver-
hältniß der beiden Naturen in Christo, der göttlichen und der mensch-
lichen, zu einander. Der Streit wurde auch nach dem Tode beider
Männer von den beiden einander gegenüberstehenden theologischen
Schulen von Alexandria und Antiochia noch lange fortgeführt. Die
Anhänger des Nestorius flohen endlich vor den Verfolgungen ihrer
Gegner nach Persien, wo sie Aufnahme fanden und als Nestor in-
ner oder chaldäische Christen noch jetzt fortbestehen.
Die Schriften des neuen Testaments und die Werke der näch- D» mistig
sten Nachfolger der Apostel sind von großer Wichtigkeit für die Re- àà
ligionslehre und die Religionsgeschichte, sie haben aber keinen Ein-
stuß auf die wissenschaftliche Bildung ihrer Zeit gehabt. Eine Wech-
8 *
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der griechischen Kirchenväter. Die Wirkung von Auguftin's Schrif-
ten ward dadurch vermehrt, daß der Gang seines Lebens ihn mit
dem menschlichen Herzen völlig vertraut gemacht hatte. Augustin
war 354 in Afrika geboren und von seiner Mutter nach frommen
Grundsätzen erzogen worden, verirrte sich aber schon früh sowohl
in die Lüste der sinnlichen Welt, als in die Vorstellungen der ma-
nichäischen Sekte. Er eignete sich aber auch die römische Bildung
an und besonders gefiel ihm die Beredtsamkeit und Philosophie Ci-
cero's. Erst gegen sein dreißigstes Lebensjahr, als er sich in Mai-
land niedergelassen hatte, wurde er durch eine sittliche und philoso-
phische Revolution seines Innern auf die entgegengesetzte Bahn des
Strebens geführt. Ambrostus Art die heilige Schrift zu deuten,
dessen Mystik und Allegorie und die veränderte Form, die dieser
dem Kultus gab, zogen den jungen Augustinus an. Er ging von
einem leichtfertigen Leben zu strenger Sittlichkeit, von der Bewun-
derung der heidnischen Weisheit des Cicero zu der neuen Weisheit
des Ambrosius, von den manichäischen Lehren zu dem athanasiani-
schen Glauben, von der Mystik der Neu-Platoniker zu der des
Origenes über. Er gelangte auf diesem Wege zu einer so strengen
Rechtgläubigkeit, daß er der heftigste Gegner des Pelagius ward
und die Prädestination d. i. die Vorherbestimmung der Menschen
zur Seligkeit oder zur Verdammniß für den Hauptsatz des christli-
lichen Glaubens erklärte. Augustinus kehrte nach Afrika zurück,
wurde Bischof zu Hippo und starb bei der Belagerung dieser
Stadt durch die Vandalen 430. Das Hauptwerk Augustin's, wel-
ches der Staat Gottes betitelt ist, beruht auf dem Grundgedan-
ken, daß die Menschen aus fleischlich Gesinnten und Verdammten
und aus solchen bestehen, die nach dem Geiste leben und zur Se-
ligkeit berufen sind. In der Welt bestehen zwei Staaten neben ein-
ander, bis einst im Weltenbrande beim jüngsten Gericht der eine
untergehen wird. Dieser vergängliche Staat, dessen König der
Teufel ist, hat die Selbstliebe zur Grundlage und leitet die Men-
schen zur Verachtung Gottes, der andere oder der himmlische Staat
dagegen, dessen König Gott ist, entspringt aus der Liebe zu Gott
und führt zur Verachtung unserer selbst. Die Welt der Erschei-
nung steht als ein Reich der Sünde der Welt des Glaubens und
der Seligkeit göttlicher Seelen gegenüber. — Ein anderes Werk
sind die Selbstgeständnisse, in welcher Schrift Augustin in der
Form einer Beichte vor Gott die Entwickelung seines eigenen In-
nern vorträgt. Eine dritte Schrift handelt von der wahren Re-
ligion.
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Extrahierte Personennamen: Augustinus
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Afrika Gottes Weltenbrande Gottes
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ein Recht an feine Person. Auch hinsichtlich der gefangenen Frem-
den wird ein gleich humanes Verfahren berichtet. Die Slawen
behielten die Gefangenen nicht in immerwährender Sklaverei, son-
dern stellten nach Verlauf einer bestimmten Zeit jedem Gefangenen
frei, ob er sich loskaufen und zu den Seinigeu zurückkehren, oder
ob er als Freier und als Freund unter ihnen bleiben wollte.
?unt/ R?ü- Eine Tugend der Slawen war die sorgsame Pflege der Alten,
s'^undcha-Kranken und Armen. Auch die Gastfreundlichkeit der Slawen, die
Slawen, als heilige Pflicht angesehen ward, wird gerühmt. Die Vielweibe-
rei war zwar gestattet, aber nur bei den Wohlhabenderen und
Häuptlingen gewöhnlich. Die Frauen wurden nicht nach orientali-
scher Sitte behandelt, sondern durften überall frei erscheinen. Diese
Achtung des schwächeren Geschlechtes ist ein rühmliches Zeugniß für
die Bildung der Slawen. Vom zweiten bis siebenten Jahrhundert
finden wir be4 Skandinaviern und Griechen Andeutungen, nach
welchen die Slawen für ein gebildetes Volk mit mancherlei Kennt-
nissen zu halten sind. Eine eigene Schrift hatten die Slawen seit
alter Zeit, sie bedienten sich derselben aber nur selten. Schriftstel-
lerei fand bei ihnen nicht statt. Volkslieder und Volkssageu, welche
uns in das innere Volksleben blicken ließen, sind nicht auf uns ge-
kommen. Die Priester und Weisen schrieben die nationalen Gesetze
auf hölzerne Tafeln; auch bedienten sie sich ihrer Schriftzeichen beim
Wahrsagen. In den skandinavischen Sagen gellen die Wanen, d.
h. die Winden, für gebildete Menschen. Nach Wanaheim, d. h.
in's Land der Winden, gingen nach den nordischen Sagen die skan-
dinavischen Götter und Helden, um Weisheit zu erlernen. Den
Wauen entlehnten die Skandinavier einige Götter, Gebräuche und
Ausdrücke, welche sich auf Gegenstände der Kultur beziehen. Ge-
sang, Musik und Tanz waren Lieblingsbeschäftigungen der Slawen,
und daher kömmt bei den lateinischen Schriftstellern des Mittelal-
ters die Redensart: Sclavus saltans.
Die Llawen verehren einen höchsten Gott, den Schöpfer des
Himmels und der Erde, den Vater und Herrscher der Götter und
Menschen. Dieser Allvater der Slawen heißt Swjatowit und
ist mit dem germanischen Wuotan, dem keltischen Teutates zu ver-
gleichen. Er wurde mit vier Häuptern dargestellt und war, wie
Wuotan, auch Kriegsgott. Der Donnergott der Slawen war Pe-
run und der eigentliche Kriegsgott Rujewit. Wie bei den Ger-
manen Wuotan, Donar, Zio, bei den Kelten Teutates, Ta-
rau, Hesus, so sind bei den Slawen Swjatowit, Perun, Ru-
jewit die hervorragendsten Götter. Au die drei Hauptgötter schlos-
sen sich noch viele andere geringere Götter an. Es wurden Op-
fer von Thieren und Früchten, besonders Pferdeopfer dargebracht.
Menschenopfer fanden nur bei einigen Stämmen an der Ostsee und
in Rußland aus der Fremde her Eingang.
Die vorzüglichsten Eigenschaften des slawischen Charakters wa-
ren Einfalt ohne Arglist und Trug, Aufrichtigkeit, Gefälligkeit und
Menschlichkeit. Fehler des slawischen Charakters waren der ewige
Streit unter den slawischen Stämmen und der Mangel an Einig-
keit, ferner die zu große Empfänglichkeit für äußere Eindrücke und
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